Reich sein in der Schweiz….

  … ist auch nicht mehr das, was es einmal war.

Reto Föllmi und Isabel Martínez

Minders Abzocker-Initiative, die 1:12 Initiative der Juso sowie die anhaltenden Diskussionen um die Besteuerung gut betuchter Ausländer und kantonale Abstimmungen zur Pauschalbesteuerung zeigen deutlich: Die Frage, wie viel Reichtum den Reichen vergönnt sei, hat Hochkonjunktur im politischen Geschehen unseres Landes.

Wie hat sich der Anteil der reichsten Einkommen aber eigentlich entwickelt? In einer aktuellen Auswertung von Steuer- und AHV-Daten untersuchen wir deren Entwicklung insbesondere in den letzten zwei Jahrzehnten und schliessen dazu die bisherige 8 jährige Lücke in den nationalen Steuerdaten, die gerade in die Zeit der „interessanten“ Jahren mit dem Einsetzen der verstärkten Zuwanderung fiel. Die Lücke entstand u.a. durch die kantonal versetzte Umstellung von Vergangenheits- auf Gegenwartsbemessung.

Im Vergleich zu den USA, wo die Reichen seit den 1980er Jahren immer reicher werden und das oberste Prozent der Steuerzahler 2008 18% der Einkommen erwirtschaftete – siehe dazu auch den batz-Beitrag von Marius Brülhart – sehen die Verhältnisse in der  Schweiz bescheidener aus, auch wenn gerade die Schweiz von starken Veränderungen wie der verstärkte Zuwanderung gekennzeichnet war. 11% aller Einkommen entfielen hier auf die reichsten 1% (siehe Grafik 1 unten). Allerdings zeigt der Trend für alle untersuchten Gruppen der Top 10% bis Top 0.01% im betrachteten Zeitraum von 1981 bis 2008 stetig nach oben.

Grafik1

Der Anstieg der Topeinkommen wird aber mit erhöhter Volatilität über die Konjunktur erkauft: Besonders die Top 0.1% und 0.01% (das sind in etwa die einkommensstärksten 450 Steuersubjekte) erlitten in der Rezession 2001 einen Rückgang, den sie nicht so schnell wieder aufholen konnten. Darin spiegelt sich sicher die zunehmende Verbreitung variabler Lohnbestandteile wider, bei welchen die Topverdiener mit Aktienoptionen häufig auch einen Teil des Unternehmensrisikos tragen. Dennoch fielen die Einkommensanteile nicht auf das Niveau der vorhergehenden Rezession zurück.

 Wenn wir diese Zahlen mit der Verteilung der AHV-Löhne vergleichen, scheint der Anstieg der obersten Einkommen vor allem auf einem überproportionalen Anstieg der Arbeitseinkommen zu basieren. Wie Grafik 2 zeigt, sind besonders die Einkommen der bestverdienenden Angestellten nach oben geschnellt, während der Anstieg für die erfolgreichsten Selbständigen viel geringer ausfiel.

Grafik2

Plakativ gesprochen tragen heute nicht mehr Risikokapital und Unternehmertum sondern Top-Angestelltenverhältnisse neu die meisten Früchte. Die verstärkte Globalisierung und damit die stärkere Wertschöpfung in Grossfirmen spielen sicher eine wichtige Rolle. Wenn – aber nur wenn – die hohen Saläre auf Leistung beruhen, muss diese Entwicklung nicht zwingend eine Schwächung der Innovationskraft einer Volkswirtschaft bedeuten. Die weitere globale Entwicklung bleibt sicher spannend.