Familienstrafe am Flughafen

Urs Birchler

Stehen Sie auch immer in der falschen, d.h. langsamsten Schlange? Kürzlich bei der Immigration an einem ausländischen Flughafen gelang es uns sogar, zunächst am falschen, dann am richtigen Schalter in der jeweils zähesten Kolonne zu stehen. Dabei nervt nicht nur die verlorene Zeit, sondern auch die eigene Dummheit, auf’s lahmste Ross gesetzt zu haben. Nun, in der Fremde muss man mit derartigem rechnen. Umso grösser die Verblüffung bei der Rückreise ins geliebte Heimatland mit Ankunft am weltweit gemäss Handelsblatt-Ranking drittbesten und gemäss World Airport Awards achtbesten Flughafen der Welt.

Die Behörden in ZRH unterscheiden drei Erscheinungsformen des homo immigrans: (1) Erwachsene mit elektronischem Pass; (2) CH/EU-Bürger ohne elektronischen Pass oder unter 18 Jahren und (3) „All Passports“. Als Schweizer Familie mit Kindern landeten wir in Gruppe (2), da unsere Buben zwar elektronische Pässe haben, aber noch nicht 18 Jahre alt sind. Soweit kein Problem. Nur: Für Erwachsene mit elektronischen Pässen stehen genügend Schalter zur Verfügung; deren Einreise verlief wie am Schnürchen. Ebenfalls mindestens sechs Schalter boten sich der sich bald verkleinernden Gruppe „All Passports“ an. Die Schweizer Familien, die das Schild CH/EU mit einem milden Inländervorrang verwechselten, brauchten hingegen Geduld. Für sie stand gerade ein einziger Schalter offen, und jeder Pass wurde so genau inspiziert, als ob jedes zweite Kind von seinen Eltern in die Schweiz entführt würde.

Was daran nervt: Es müsste den Zuständigen eigentlich bekannt sein, dass am letzten Sonntag der Herbstferien um morgens 6h ziemlich viele Flüge von ziemlich weit weg mit ziemlich vielen in der Schweiz ansässigen Familien ankommen. Mit teilweise müden Kindern (Dank übrigens an unsere bereits sehr gelassenen Buben).

Ich fragte mich: Hat der Grenzschutz Angst, man könnte ihm einen Inländer-(=Steuerzahler)-Vorrang vorwerfen? Oder müssen die Familien bloss eine Gedankenlosigkeit der Behörden ausbaden? Bevor mir eine Antwort einfiel, durften wir endlich selber die roten Büchli zeigen.

One thought on “Familienstrafe am Flughafen

  1. Ich stehe dann halt bei «Other» hin. Zudem nehme ich aus Prinzip bei der Einreise die ID hervor und lasse den Pass in der Tasche.
    Da gibt es deutlich weniger zu blättern und zu inspizieren!

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