Service Public

Monika Bütler

Unser älterer Sohn, 15, besuchte mich in den Sommerferien am Arbeitsplatz in St. Gallen. Als er dem Kondukteur (neu Reisezugbegleiter) seinen SwissPass zeigt, legte dieser die Stirn in Falten. Das GA war schon mehrere Male in der Waschmaschine gelandet, nach Umwegen auf dem Fundbüro, auf dem Fussballplatz und wer weiss noch wo. An mehreren Stellen gebrochen und kaum mehr lesbar. „Du solltest Dir dringend eine neue Karte besorgen“, meinte der Kondukteur.

Unser Sohn erzählte die Geschichte noch am gleichen Abend (was bei der Verschwiegenheit von Teenagern ja bereits an ein Wunder grenzt). Wir waren uns einig, dass wir das ohnehin mal in Angriff nehmen müssten – auch weil das Bild noch aus der Kindergartenzeit stammte. Und dann kamen dringendere Sachen dazwischen und wir schoben die Angelegenheit auf die lange Bank.

Etwa 10 Tage später erhielt unser Sohn ein Schreiben der SBB. Darin enthalten: einen nigelnagel neuen SwissPass. Unser Sohn glaubt bis heute nicht recht, dass der gute Kondukteur selber die neue Karte bestellt hatte. So etwas sei doch gar nicht menschenmöglich. Ein Wunder. Doch eine andere Möglichkeit gibt es nicht: mein Mann und ich waren es bestimmt nicht.  Und so reist unser grosser Teenager mit einem neuen GA durch die Welt – mit Kindergartenfoto.

 

One thought on “Service Public

  1. Normalerweise habe ich einen Riesenhass auf den Staat mit seiner sowjetmässigen Zentralplanung und seinen hunderttausenden Kostenstellen. Aber bei den SBB muss ich sagen: Supersache! Das Preis-Leistungsverhältnis ist super.

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