Grundeinkommen: Wichtig ist die Diskussion – nicht

Monika Bütler

Wichtig sei es, die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) in Gange zu bringen, betonen die Befürworter des Konzepts immer wieder gerne. Und die Diskussionen sind auch durchaus interessant, meistens wenigstens. Gestern abend allerdings – beim Tagi Podium im Kaufleuten – war die Bereitschaft des Publikums, sich auf eine Diskussion einzulassen, eher gering. Gelinde gesagt.

Während die Ausführungen der Befürworter Philip Kovce und Oswald Sigg frenetisch beklatscht wurde (was ich durchaus schön fand), wurden viele Voten von Katja Gentinetta und mir mit Zwischenrufen, Lachsalven und anderen Formen von Lärm unterbrochen oder ganz verunmöglicht (was ich weniger schön fand). Und dies selbst bei Diskussionen, die von beiden Seiten auf dem Podium als wichtig und interessant erachtet wurden. So zum Beispiel, was genau Bedingungslosigkeit heisst, wenn das Grundeinkommen zwar bedingungslos ist, die Zahlerinnen aber über alles mögliche (Einkommen, Vermögen, Familiensituation, Berufskosten) minutiös Rechenschaft ablegen müssen.

Es wäre ein Gaudi gewesen, wie die Gegner Lachsalven über sich ergehen lassen mussten, meinte jemand auf Twitter. Ich würde wie eine HSG Professorin klingen, die eigentlich Bäuerin sei, was schon fast wie ein Kompliment klang (und immerhin einen grossen wahren Kern hat). Ich bin aber auch verantwortlich für die Steuerhinterziehung der Reichen, die Steueramnestie einiger Kantone als Reaktion auf die Steuerhinterziehung der Reichen, das Diktat der Energie in der heutigen Wirtschaft, die Schwierigkeiten der über 55 jährigen auf dem Arbeitsmarkt und vieles mehr. Ich hätte wohl auch Alli miini Entli singen können – Hexe bleibt Hexe.

Schade. Vor einer Woche fand an der HSG im Rahmen des Symposiums eine sehr interessante Debatte zum Grundeinkommen statt (bei dem sich die Befürworter und Gegner etwa die Waage hielten). Solche Diskussionen bringen uns tatsächlich weiter.

Für weitere öffentliche Debatten stehe ich dennoch nicht mehr zur Verfügung, das überlasse sich gerne anderen und hole dafür – ganz im Sinne der Initianten – das gestern verpasste Eile mit Weile Spiel mit der Familie nach. Ich erneuere daher meine schon vor 3 Jahren gepostete Absage. Die Gründe gelten noch immer.

Nur eine inhaltliche Ergänzung noch. Das BGE wird uns als pro-aktives Allerheilmittel gegen die disruptiven Folgen der Digitalisierung angepriesen. Doch: Wer weiss denn schon, welches Konzept für die noch weitgehend unbekannten Folgen des Wandels das Richtige ist. Ist es wirklich das BGE? Könnte es nicht auch sein, dass die Zukunft massive Investitionen in die Bildung oder den Umweltschutz verlangt, bei welchen dann die mittels BGE weitgestreuten Mittel fehlten? Vielleicht ist ein Damm als Schutz vor den Fluten sogar effizienter als Flosse(n) für alle.

2 thoughts on “Grundeinkommen: Wichtig ist die Diskussion – nicht

  1. Das ist in der Tat ein unschönes Erlebnis. Ich habe ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass diejenigen, die am lautesten nach Toleranz schreien selber am wenigsten tolerant sind. Wenn die Befürworter nicht einmal die Geduld und den Anstand haben, die gegnerischen Argumente anzuhören – und ev. sachliche Gegenargumente vorzubringen-, ist wirklich Hopfen und Malz verloren. Das zeigt, wie wenig Substanz hinter der BGE-Initiative steckt.

  2. Initiative „Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE)“: Es gibt genügend sinnvolle Arbeit!

    Beim bedingungslosen Grundeinkommen besteht der Verdacht, es gebe nicht genügend Arbeit. Das ist natürlich ein Irrtum. Im Umwelt-, Sozial-, Gesundheits-, Bildungs- und Sicherheitsbereich gibt es genügend sinnvolle Arbeit Die Eingliederung in den Arbeitsprozess ist insbesondere für die Jungen zentral und sollte nicht durch die Suggestion „free lunch“ unterlaufen werden. Minimallöhne sind daher zweckmässiger als das bedingungslose Grundeinkommen.

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