Steuern in der Schweiz: The Sequel

Marius Brülhart

Nach einem etwas abgehobenen filmemacherischen Debüt kann Batz nun mit einem Streifen für Otto Normalsteuerzahler aufwarten. Während unser Erstlingswerk noch Haushalten im Top1%-Segment galt, zeichnen wir diesmal für einen Medianhaushalt nach, wie sich die Steuerbelastung in den Kantonen und Gemeinden entwickelt hat. Zudem sind wir nun auch im Tonfilmzeitalter angelangt (mit Dank an Stefanie Brilon und George Harrison).

Steuern in der Schweiz: The Sequel.

Wiederum verfolgen wir die Einkommenssteuerbelastung in den 2‘596 Gemeinden über die Zeitspanne 1984-2011. Diesmal nehmen wir den Steuersatz für ein kinderloses Ehepaar, dessen Einkommen im jeweiligen Jahr genau in der Mitte aller Haushalte lag, die direkte Bundessteuern zahlten (statt wie in unserem Debütwerk beim obersten Perzentil). Das so definierte Median-Reineinkommen entsprach 37’800 Franken im Jahr 1984 und 61’000 Franken im Jahr 2011.

Unsere Animation macht wiederum klar, wie sich die helvetische Steuerlandschaft ziemlich kunterbunt entwickelt hat und zeugt damit von der Lebendigkeit des schweizerischen Fiskalföderalismus.

Beim Verglich mit dem Film für die Top-1%-Einkommen fallen uns folgende Aspekte besonders auf:

  • Die Schweiz wird auch in diesem Film allgemein heller. Das heisst, dass die Steuerbelastung nicht nur auf hohen Einkommen sondern auch im mittleren Bereich tendenziell nachgelassen hat. Tatsächlich fiel die ungewichtete Durchschnittsbelastung über alle Gemeinden gerechnet von 8.2% im Jahr 1984 auf 5.0% im Jahr 2011. Bloss in 121 Gemeinden – das sind weniger als 5 Prozent – lag die Steuerbelastung 2011 höher als 1984.
  • Die durchschnittliche Steuerbelastung von Medianeinkommen ist ziemlich genau gleich stark gesunken wie jene von Top-1%-Einkommen, nämlich um gut 3 Prozentpunkte. In relativer Hinsicht haben die Medianeinkommen somit eine erheblich stärkere Entlastung erfahren als diejenigen im oberen Segment. Nochmals anders ausgedrückt: Die Progression der kantonalen Steuertarife hat eher zugenommen. Dies läuft der üblichen Sicht zuwider, dass der Steuerwettbewerb die Steuerprogression komprimiert.
  • Aus der Sicht eines Medianhaushalts präsentiert sich die Schweizerkarte ziemlich anders als aus derjenigen eines Top-1%-Haushalts. Wie unser erster Film zeigte, sind letztere vor allem und zunehmend in der Zentralschweiz gut bedient. Für die Median-Steuerzahler ist es umgekehrt: Die Schweiz ist am Rand eher heller als in der Mitte. Während der Kanton Zug im Durchschnitt auch für Medianeinkommen die tiefsten Steuersätze erhob, folgten auf den nächsten drei Plätzen Kantone an den Landesgrenzen, nämlich Genf, Graubünden und das Tessin. Die markantesten Steuersenkungen beobachten wir ebenfalls in eher unerwarteten Kantonen: Genf liegt mit einer durchschnittlichen Senkung um 8.7 Prozentpunkten klar an der Spitze, gefolgt von Basel-Land, Freiburg, Waadt, und Basel-Stadt.

Die Mittelschicht wurde hinsichtlich der Einkommenssteuern im Durchschnitt also entlastet, und dies prozentual noch stärker als die hohen Einkommen.

Allerdings gilt es für eine Gesamtschau der Steuerprogression, die Tarifverläufe nicht bloss innerhalb einzelner Gemeinden und Kantone zu verfolgen, sondern auch im Quervergleich und unter Einbezug der Immobilienpreise. Die Steuersenkungen auf verschiedene Einkommensklassen waren  – wie der Vergleich unserer beiden Filme deutlich zeigt – geographisch unterschiedlich verteilt. Somit kann man nicht ausschliessen, dass das „Shopping für tiefe Steuern“ bei allgemein steigenden Hauspreisen über die Zeit einer immer schmäleren Einkommensschicht vorbehalten blieb, und die Einkommenssteuerprogression dadurch effektiv doch flacher wurde. Dieser Frage wollen wir als nächstes auf den Grund gehen.

One thought on “Steuern in der Schweiz: The Sequel

  1. Es dürfte technisch zu schwierig sein, aber gerade wenn man anfängt Steuerbelastungen unterschiedlicher Einkommen über die Zeit zu vergleichen, wäre es bestimmt interessant überlagernd zu sehen, wie sich die Realsteuern (Mehrwertsteuern, Tabaksteuern, Billetsteuern, Mineralölsteuern ect) verändern bzw. wann sie eingeführt wurden. Die Vermutung liegt auf der Hand, dass mit den Einkommenssteuererleichterungen einfach neue Realsteuern eingeführt wurden (was prozentual wieder die unteren Einkommen höher belasten würde).
    BTW danke für den informativen Film.

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