Steuern in der Schweiz: The Movie

Marius Brülhart

Der Wettbewerb um lukrative Steuerzahler hält die Schweizer Steuerlandschaft in pausenloser Bewegung. Das weiss doch jeder. Oder etwa doch nicht? Denn mit eigenen Augen gesehen hat es noch niemand…

Steuern in der Schweiz: The Movie.

Hier somit in exklusiver Vorpremiere der längst überfällige Dokumentarfilm. Über knapp drei Jahrzehnte zeichnen wir bunt nach, wie sich die Steuerbelastung auf einen Top-1%-Haushalt in den Gemeinden und Kantonen landesweit entwickelt hat (Idee und Technik: Marcel Probst). Die Daten dazu trugen wir im Rahmen eines Nationalfonds-Projektes zusammen (Regie: Raphaël Parchet und Kurt Schmidheiny).

Konkret haben wir ab 1984 für fast alle 2’596 Gemeinden den Steuersatz berechnen können, welchem ein Ehepaar unterstellt ist, dessen Einkommen an der unteren Grenze des gesamtschweizerisch obersten Einkommensprozents liegt. In der Steuerbelastung berücksichtigt sind Einkommenssteuern für Gemeinden, Kirchen und Kantone. Bundessteuern wurden ausgelassen, denn sie sind übers ganze Land gleich.

Das Top-1%-Einkommen ist für jedes Jahr über alle Haushalte definiert, die direkte Bundessteuern abliefern. Dieser Einkommens-Referenzwert belief sich 1984 auf 194‘900 Franken und im Jahr 2011 auf 354‘400 Franken. Wir bereinigen die Einkommensentwicklung also nicht nur um die Teuerung sondern auch um den realen Anstieg der Durchschnittseinkommen und liefern somit eine Ergänzung zu den Steuerberechnungen, welche Monika Bütler bereits präsentiert hat.

Jeder Betrachter möge sich seine eigenen Highlights aus dem Film herauspicken. Falls Ihnen etwas auffallen oder sonderbar vorkommen sollte: bitte melden! Wir erheben keinen Anspruch auf absolute Fehlerfreiheit unseres Datensatzes und wären dankbar für Reaktionen.

Auf den ersten Blick stechen uns insbesondere drei Phänomene ins Auge:

  • Die Schweiz wird im betrachteten Zeitraum heller. Das heisst, dass die Steuerbelastung auf hohen Einkommen tendenziell rückläufig war. Tatsächlich fiel die ungewichtete Durchschnittsbelastung über alle Gemeinden gerechnet von 22.4% im Jahr 1984 auf 19.3% im Jahr 2011. Bloss in 156 Gemeinden lag die Steuerbelastung 2011 höher als 1984.
  • Die hellen Flecken konzentrierten sich über die Zeit immer mehr in der Innerschweiz. Ein Blick in die Daten bestätigt den Trend. Lagen im 1984 die beiden steuergünstigsten Gemeinden noch im Kanton Graubünden, so lagen 2011 die 41 steuergünstigsten Gemeinden allesamt in der Innerschweiz. 1984 belegten die Gemeinden Appenzell Ausserrhodens im Durchschnitt immerhin den dritten Rang (hinter denjenigen Zugs und Nidwaldens), und Schwyz lag bloss auf Rang acht. Im 2011 sah die Tabellenspitze nach Kantonen folgendermassen aus: Zug, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Uri.
  • Unsere Steuerlandschaft bewegt sich auch kleinräumig und nicht immer stetig. Gemeinden und Kantone verfolgen vielfältige Strategien, und oft wechseln sich widerläufige Entwicklungen ab. Viele Gemeinden senkten ihre Steuersätze eine Weile, hoben sie dann jedoch wieder an. Augenfällig sind solche Übergänge von Dunkel zu Hell und zurück zu Dunkel beispielsweise bei folgenden Gemeinden (testen Sie Ihre Schweizer Geographie!): Altstätten (Trendumkehr 1991), Lausanne (Trendumkehr 2003) und Köniz (Trendumkehr 2004).

Es gibt noch vieles mehr zu entdecken in diesem Streifen. Aber am meisten wird erst richtig ersichtlich, wenn man die Daten durch die ökonometrische Brille anschaut. Daran arbeiten wir. Batz wird berichten.

Übrigens: Unser Film könnte noch einen anständigen Soundtrack gebrauchen. Auch hierzu ist kundiger Rat herzlich willkommen.

4 thoughts on “Steuern in der Schweiz: The Movie

  1. Schöne Idee! Was mich etwas mehr noch interessieren würde: wie sieht der Film für einen Median-Haushalt (Mittelwert) aus?

  2. Interessant wäre eine Korrelation zum Kataster (Gewerbe/Familie). Ich könnte mir – nach Betrachten des Films – intuitiv vorstellen, dass damit ein weiterer Marktmechanismus untersucht werden kann.

    Schöne Grafik, in der Tat.

  3. Ganz Ihrer Meinung, Herr Meier! Und in diesem Film dürfte es in der Westschweiz die ganze Zeit über stockfinster bleiben…

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