Wie bitte? Umweltschutz kostet Geld?

Beat Hintermann

Im Artikel „Ökosteuer kostet Wachstum und Wohlfahrt“ (NZZ am Sonntag vom 22.7.2012) beschreibt Sarah Nowotny inoffizielle Zwischenresultate einer Studie von Ecoplan, welche die Auswirkungen einer ökologischen Steuerreform für die Schweiz quantifiziert.  Das Fazit der Autorin: Eine Öko-Steuer vermindert unseren Wohlstand, im Gegensatz zu anderslautenden Äusserungen des Finanzdepartements.  Online-Kommentare wie „und wer soll das bezahlen?“ liessen erwartungsgemäss nicht lange auf sich warten.

Die Ecoplan-Studie ist noch nicht veröffentlicht, und deswegen ist es unmöglich, die Ergebnisse quantitativ zu überprüfen. Zwei Beobachtungen genereller Natur lassen sich aber trotzdem machen: Erstens scheinen die Resultate qualitativ richtig, und zweitens implizieren sie, dass die betreffende Steuerreform effektiv ist.

Bei den vorzeitig veröffentlichen Zahlen handelt es sich um Bruttokosten der Steuerreform, d.h. um Kosten ohne Berücksichtigung des zu erwartenden Nutzens, der bei einer Internalisierung von negativen Externalitäten per Definition auftritt. Gestützt auf verschiedene Nutzenabschätzungen entscheidet dann idealerweise die Bevölkerung, ob der Nutzen die Kosten den Nutzen rechtfertigt, oder eben nicht.

Dass die Einführung einer Lenkungsabgabe mit voller Rückerstattung der Einnahmen zu positiven Bruttokosten führt, wissen wir spätestens seit der Debatte um die „double dividend“ Hypothese in den 1990er Jahren.  Ebenso bekannt ist, dass die Bruttokosten höher sind, wenn man die Steuereinnahmen pauschal statt durch eine Reduktion von verzerrenden Steuern zurückerstattet.  Die Zwischenresultate der Ecoplan-Studie kann man also vor allem als (bestandener) Qualitätstest interpretieren.  Alles andere hätte nach einer grundsätzlichen Hinterfragung der verwendeten Methodologie verlangt.

Zum zweiten Punkt: Die Bruttokosten einer Lenkungsabgabe sind proportional zum „tax base erosion“ Effekt, d.h. zum Ausmass der Verschiebung von Angebot und Nachfrage weg vom besteuerten Gut.  Null Bruttokosten würde schlicht heissen, dass die Lenkungsabgabe nichts bewirkt.  Die Ecoplan-Resultate bedeuten also, dass die Reform ihr Ziel erfüllen und zu einer Verlagerung weg von fossiler und thermischer hin zu erneuerbarer Energie führen würde.  Ein gegenteiliger Befund wäre beunruhigend.

Der NZZ-Artikel ereifert sich darüber, dass eine ökologische Steuerreform nicht den Fünfer und das Weggli bietet, und dass wir für mehr Umweltschutz etwas bezahlen müssen.  Das ist keine besonders interessante Feststellung und schon gar kein Grund, die Ökosteuer von vornherein zu desavouieren, vor der Publikation der relevanten Studie notabene.  Die relevante Frage ist doch, wie viel uns welches Ausmass von Umweltschutz kostet, und was es uns wert ist. Darüber verliert der NZZ-Artikel aber kein Wort.

One thought on “Wie bitte? Umweltschutz kostet Geld?

  1. Sie sagen: „Die Ecoplan-Resultate bedeuten also, dass die Reform ihr Ziel erfüllen und zu einer Verlagerung weg von fossiler und thermischer hin zu erneuerbarer Energie führen würde.“

    Diesen Satz würde ich nicht unterschreiben. Die Reform erfüllt ihr Ziel nur, wenn es keine alternative Massnahme gibt, die das gleiche Ziel zu geringeren Kosten erreicht.

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