Leidet economiesuisse unter Geldillusion? (Fortsetzung)

 Monika Bütler und Christian Marti

Wir haben versucht, den Einfluss der Teuerung auf die Analyse der Steuersenkungen pro Einkommensgruppe in der Studie von economiesuisse herauszurechnen. Dies unter den Annahmen, dass es keine grundsätzlichen Änderungen am Steuersystem gab in den 20 Jahren und dass die kalte Progression ausgeglichen wurde. Die Graphik finden Sie hier für die Stadt Zürich.

Lesebeispiel: Bei einem Einkommen von 60‘000 Franken im Jahre 2010 hätte economiesuisse alleine aufgrund der Teuerung eine Steuerreduktion von 40% für Verheiratete mit 2 Kindern, 32% für Verheiratete ohne Kinder und 23% für Alleinstehende gefunden. Die Spalten für 30‘000 respektive 40‘000 Franken für Verheiratete mit Kindern fehlen, da diese Gruppen so wenig Steuern zahlen, dass ein Vergleich ohnehin sinnlos ist – umso mehr, wenn es um prozentuale Veränderungen geht.  

Grosszügig interpretiert kann der Rest der von economiesuisse gefundenen Steuerreduktionen in Grafik 4 als effektive reale Steuersenkungen interpretiert werden. Bei einem Einkommen von 60‘000 Franken wären dies 32% für Verheiratete mit Kindern, 16% für Verheiratete ohne Kinder und 5% für Alleinstehende: In Frankenbeträgen rund 500 Franken für Verheiratete mit und ohne Kinder, 250 Franken für Alleinstehende. Pro Jahr.

Allerdings ist bei dieser grosszügigen Interpretation Vorsicht am Platz. Erstens natürlich aus Datengründen. Wir haben den Effekt nur für die Stadt Zürich gemessen, und die Art der Berücksichtigung der Abzüge führt schnell einmal zu geldmässig kleinen, prozentuell aber grossen Abweichungen. Zweitens gab es in den letzten 20 Jahren auch real Einkommenszuwächse, welche die relative Position der Steuerzahler in der Verteilung beeinflussen.  Oder anders gesagt: Selbst wenn es keine Teuerung gegeben hätte, wäre jemand mit 60‘000 Franken Einkommen heute relativ gesehen ärmer als jemand mit einem Einkommen von 60‘000 Franken Einkommen vor 20 Jahren.

Wir teilen durchaus die Meinung von economiesuisse, dass „gewöhnliche“ Bürger von Steuersenkungen ebenfalls profitiert haben könnten, dies allerdings in weit geringerem Ausmass als economiesuisse uns weismachen will. Auch die Millionäre haben über den Teuerungseffekt hinaus von Steuersenkungen im Ausmass von rund 7% profitiert (oder rund 25‘000 Franken pro Jahr, auch diese Zahl ohne Gewähr). Einzige Gruppe, die nicht von realen Steuersenkungen profitiert zu haben scheint, ist der obere Mittelstand (+- 200‘000 Franken Bruttoeinkommen). Vielleicht täuschen wir uns hier. Auf jeden Fall liefert der economiesuisse Bericht keine Evidenz zu den wirklichen Nutzniessern der Steuersenkungen. Schade.

PS: Da die Teuerung nicht berücksichtigt wurde, ist auch die Grafik 5 im economiesuisse Bericht falsch – sie sagt absolut nichts über die Veränderung der Progression aus.

One thought on “Leidet economiesuisse unter Geldillusion? (Fortsetzung)

  1. Wir leben in einem implodierenden System. Dessen Ende wird wohl bald eintreffen. Vermutlich in dieser Generation. Ich hoffte immer, das nicht erleben zu müssen.

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