Pauschalsteuer: Es geht auch ohne

Marius Brülhart

Nun liegen sie vor, die mit Spannung erwarteten Daten zu den Zürcher Steuereinnahmen nach der Abschaffung der Pauschalsteuer im Jahr 2010. Und siehe da: Die fiskalische Katastrophe ist ausgeblieben. Vier von fünf Pauschalbesteuerten würden abwandern, war prophezeit worden. Tatsächlich weggezogen sind etwas weniger als die die Hälfte der ehemals Aufwandbesteuerten. Das hat einen Einnahmenausfall von 12.2 Millionen Franken verursacht. Andererseits werden die meisten in Zürich verbliebenen Ex-Pauschalsteuerzahler nun stärker zur Kasse gebeten, was zu einem Mehrertrag von 13.8 Millionen Franken führte. Somit hat der Fiskus unter dem Strich (fast) allen Prognosen zum Trotz sogar leicht profitiert.

Was lehrt uns das Zürcher Pauschalsteuer-Experiment?

Erstens können wir nun die fiskalischen Auswirkungen von Pauschalsteuer-Reformen etwas besser abschätzen. Ich hatte dereinst Daumen-mal-Pi ausgerechnet, dass sich eine Abschaffung der Aufwandbesteuerung für die öffentlichen Finanzen lohnen könnte, solange nicht mehr als zwei Drittel der betroffenen Steuerzahler abwandern. Nach der Auswertung der Zürcher Daten scheint eine einnahmenneutrale Abwanderungsquote von maximal 50% realistischer. In anderen Worten: So lange nicht mehr als die Hälfte der vormaligen Pauschalsteuerzahler abwandert, dürfte eine Abschaffung dieses Steuerinstruments die Staatskasse per Saldo nicht belasten. Ich revidiere somit meine (immer noch grobe) Schätzung etwas nach unten, denn meine ursprüngliche Berechnung überschätze offenbar den Anstieg der Einnahmen von nicht weggezogenen Ex-Pauschalsteuerzahlern. In Zürich gelang es beinahe der Hälfte dieser Personen trotz Verlust des Aufwandbesteuerten-Privilegs, ihre Steuerrechnung zu vermindern. Den Handlungsspielraum für gewiefte Steuerberater unterschätzt man in solchen Belangen auf eigene Gefahr.

Zweitens ist auch eine maximale Abwanderungsrate von 50% noch hoch. Ins Ausland umgezogen sind von den Zürcher Ex-Pauschalsteuerzahlern bloss 13%. Der Schluss liegt somit nahe, dass eine landesweite Abschaffung der Pauschalsteuer der Schweiz unter dem Strich steuerliche Mehreinnahmen bringen würde.

Drittens scheint es nun noch wahrscheinlicher, dass sich die vom Ständerat vor zwei Wochen gutgeheissene Anhebung der Mindestsätze für den Fiskus lohnen würde. Allerdings ist theoretisch denkbar – wenn auch nicht besonders plausibel -, dass Pauschalbesteuerte empfindlicher reagieren auf eine derartige Verschärfung der Praxis als auf eine völlige Abschaffung der Aufwandbesteuerung. Hinweise darauf wird uns dereinst der Kanton Luzern liefern, wo die Pauschalsteuer-Schraube voraussichtlich ab 2013 merklich angezogen wird. Somit bin ich nun gespannt auf den Frühling 2015, in der Hoffnung, dass die Luzerner Steuerbehörden dannzumal ebenso transparent kommunizieren werden, wie es ihre Zürcher Kollegen eben getan haben.

4 thoughts on “Pauschalsteuer: Es geht auch ohne

  1. Herzlichen Dank für diesen interessanten Beitrag!
    Schockiert hat mich folgender Satz: „In Zürich gelang es beinahe der Hälfte dieser Personen trotz Verlust des Aufwandbesteuerten-Privilegs, ihre Steuerrechnung zu vermindern.“ Das zeigt doch ziemlich deutlich, dass es eigentlich dringlichere Probleme als die Aufwandbesteuerung zu lösen gäbe!

  2. Müsste man diese Rechnung nicht anders machen? Von 201 Pauschalbesteuerten (Pb) zahlen nur 55 heute mehr Steuern als vorher. Ausserdem zu bedenken: Die Zahl der Pb ist seit der Einführung in Zürich 1999 exponentiell angestiegen (2005: 76; 2009: 201). Konservativ extrapoliert wären 2010 und 2011 je 25 weitere Pauschalbesteuerte dazu gekommen, hätte das Volk diese Form der Besteuerung nicht gestoppt. „Geblieben“ sind so gesehen nur 55 von 250 Pb – was ziemlich genau den „Prophezeiungen“ von damals entspricht.

  3. Und noch etwas: Laut der Pressemitteilung sind die Steuereinnahmen von den ehemals Pauschalbesteuerten nur wegen einer einzigen Person im Vergleich zu vorher angestiegen. Und diese Person ist unterdessen weggezogen.

  4. @Edgar Schuler: Es gibt tatsächlich noch offene Fragen. Wir wissen nicht, wie viele Personen seit 2010 in den Kt. Zürich gezogen sind, die vormals die Kriterien der Pauschalbesteuerung erfüllt hätten. Die Frage lautet: Hat die Abschaffung den Zustrom von im Prinzip pauschalbesteuerbaren Ausländern so stark gebremst, dass dies die Mehreinnahmen durch die nunmehr ordentliche Veranlagung derartiger Steuerzahler mehr als wett macht? Diese Schätzung anstellen kann allein das Steueramt, mittels der dem Steuergeheimnis unterliegenden Einzeldaten. Es wäre eine Studie wert.

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