Steuerwettbewerbspolitik nach dem 28. November

Die jüngsten Umfragen deuten darauf hin, dass es eng werden könnte für die „Steuergerechtigkeitsintiative“. Am interessantesten aus meiner Warte wäre eine knappe Ablehnung durch das Stimmvolk, möglicherweise gar in Form einer nationalen Ja-Mehrheit ohne das erforderliche Ständemehr. Unter einem solchen Szenario dürfte durchaus parlamentarischer Wille für die Errichtung zusätzlicher Steuerwettbewerbs-Leitplanken entstehen, und die Suche nach sinnvollen Lösungen ginge weiter.

Einige Politiker haben auf Anfrage von Journalisten bereits laut über eine solche Zukunft nachgedacht. Etwas überraschend muten dabei die kolportierten Lösungsansätze gewisser bürgerlicher Politiker an. Eine Gruppe von Nationalräten schlägt vor, dass die Kantone untereinander strengere Spielregeln aushandeln. Dies stände dem föderalistischen Staatsgedanken gewiss näher als per Bundesverfassung vorgeschriebene Mindeststeuersätze. Es ist allerdings nicht klar, wieso einzelne Kantone zu Konzessionen bereit sein sollten in einem ganz auf Freiwilligkeit beruhenden System. Zudem besteht eine vorgeschlagene Form solcher interkantonaler Abkommen aus Bandbreiten für die zulässigen Steuersätze. Ein solcher Ansatz wäre der vorliegenden SP-Initiative sehr ähnlich, denn er würde die materielle Steuerautonomie der Kantone beschneiden.

Die erstaunlichste Aussage stammt jedoch von Bundesrätin Widmer-Schlumpf. Sie schlägt vor, die Bundesbeiträge im Finanzausgleich aufzustocken. Eine solche Umschichtung der Geldflüsse liefe auf eine Verlagerung der Steuerabschöpfung von den Kantonen auf den Bund hinaus. Je stärker jedoch das fiskalische Gewicht des Bundes, und je schwächer das der Kantone und Gemeinden, desto weniger kann der inner-helvetische Steuerwettbewerb spielen.

Am sinnvollsten scheint mir weiterhin eine sanfte Reform des Finanzausgleichs mittels einer progressiveren Gewichtung der persönlichen Einkommen und Vermögen in der Berechnung des Ressourcenindexes. Der administrative Aufwand wäre äusserst gering, denn die Kantone übermitteln bereits im existierenden System Steuerdaten auf individueller Basis ans Eidgenössische Finanzdepartement (EFD). Und das EFD wendet schon jetzt eine leicht progressive Formel an, indem es steuerbare Einkommen bis zu einem Freibetrag von knapp 30’000 Franken aus der Berechnung des Ressourcenpotentials ausspart. Diese Null-Gewichtung im untersten Bereich könnte man nun ganz einfach um eine höhere Gewichtung im obersten Bereich ergänzen. Eine derart umgestaltete Index-Berechnung wäre durchaus mit einem unveränderten Gesamtvolumen der Ausgleichszahlungen vereinbar. Es entstände also keine Aufblähung der Umverteilung sondern bloss eine Umlagerung der Anreize für die kantonale Steuerpolitik vom allerobersten aufs obere, oder vom oberen aufs mittlere, Einkommenssegment – je nach genauer Ausgestaltung.

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