Heizt der Finanzausgleich den Steuerwettbewerb an?

Das innerschweizerische Steuergerangel ist um eine interessante Facette reicher. Der Kanton Zug will nun nämlich verhindern, dass Kantone, die vom Finanzausgleich profitieren, sich damit Steuererleichterungen finanzieren (siehe Artikel im Tages-Anzeiger). Im Visier ist Luzern, ein „ressourcenschwacher“ Kanton, der netto pro Person immerhin 873 Franken pro Jahr durch den Finanzausgleich ausbezahlt bekommt und sich nun anschickt, seine Gewinnsteuer auf den schweizweit tiefsten Satz zu senken.

Dies ist eine faszinierende Wendung, denn sie läuft der gängigen wissenschaftlichen Sicht der Dinge zumindest auf den ersten Blick diametral entgegen. Gemäss der ökonomischen Lehre schwächt eine horizontale Umverteilung von der Art des interkantonalen Finanzausgleichs den Steuerwettbewerb nämlich ab. Die Logik der volkswirtschaftlichen Modelle ist klar: Wenn man pro Franken mittels Steuersenkung gewonnenen Steuersubstrats X Prozent in den gemeinsamen Topf einzahlen muss, dann ist der Anreiz, eine aggressive Tiefsteuerpolitik zu fahren, um X Prozent schwächer.

Somit müsste der Finanzausgleich also auf mobile Steuerzahler ausgerichteten Steuersenkungen Einhalt bieten. Nun scheint das Gegenteil einzutreten. Wie soll man sich das erklären?

Eine mögliche Erklärung könnte in der dynamischen Struktur des Problems liegen (die vorliegenden ökonomischen Modelle sind statischer Natur). Nach einer Verstärkung der Umverteilung durch den Finanzausgleich könnten Nehmerkantone ihre Zusatzeinnahmen in Form von Steuersenkungen weitergeben statt in Form von zusätzlichen Staatsausgaben. Wenn diese Steuersenkungen mobile Steuerzahler anpeilen, dann wird der Steuerwettbewerb durch den Finanzausgleich paradoxerweise zumindest vorübergehend angeheizt.

Dass der interkantonale Finanzausgleich den Steuerwettbewerb jedoch langfristig verschärft statt ihn abzuschwächen, scheint dennoch höchst unwahrscheinlich. Die Logik, gemäss welcher der materielle Anreiz für aggressive Steuersenkungen durch den Finanzausgleich in den meisten Situationen reduziert wird, ist nämlich schwer aus der Welt zu reden. Zudem ist auch der kurzfristige Effekt einer Intensivierung des Finanzausgleichs zweischneidig: Während Luzern damit finanzpolitischen Spielraum erhält für Steuersenkungen, hat Zug nunmehr etwas weniger Interesse daran, die Steuerschraube noch weiter zu drehen.

Daher bleibe ich auch bis zum Beweis des Gegenteils bei der Meinung, dass man allfälligen Auswüchsen des interkantonalen Steuerwettbewerbs besser über eine Verstärkung des Finanzausgleichs begegnet als mit starren Mindeststeuersätzen, wie dies die hängige Steuergerechtigkeits-Intitiative vorschlägt. Mehr dazu später im Batz.



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