Financial Stability Board (FSB) blamiert Bundesrat

Urs Birchler

Der Bundesrat “löste” das CS-Problem im vergangenen März mit Gewalt – gegenüber der Credit Suisse, der UBS und de facto gegenüber der SNB. Den vorgesehenen Instrumenten des Bankengesetzes zog er Notrecht vor. Solches erfordert starke Gründe. Die vom Bundesrat vorgebrachten Argumente hat jetzt das Financial Stability Board (FSB) in einem Bericht untersucht.

Das FSB ist das von den Behörden der G20-Länder getragene internationale Expertengremium zum Thema Finanzstabilität. Es ist das Dach-Gremium zu spezialisierteren Gremien wie dem Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Banken), IOSSCO (Versicherungen) u.a. Im FSB ist auch die Schweiz vertreten (aktuell mit Staatssekretärin Daniela Stoffel und Notenbankpräsident Thomas Jordan).

Das FSB als Behördenorganisation formuliert seine Berichte mit Bedacht. Auch der 35-seitige Bericht zur Behandlung der CS und anderer fallierter Banken ist sorgfältig abgefasst. Umso erstaunlicher die Aussagen: Die Kritik an der Entscheidung des Bundesrates klingt – entfernt man die übliche Watte der Diplomatie – vernichtend. 

Doch vorab zum Hintergrund: Wenn eine Bank ihre Probleme nicht mehr aus eigener Kraft lösen kann, wie die CS im März 2023, gibt es im Prinzip drei Lösungen (die bei einer Aufteilung der Bank auch kombiniert werden können) :

  • Modell “Götti”: Jemand (UBS, Bund) kauft die Bank samt ihren Problemen.
  • Modell “Resolution”: Die Bank wird saniert.
    a) mittels Rückschnitt von Ansprüchen der Aktionäre und der Gläubiger (bail in)
    b) mittels Zufuhr neuer Mittel, notfalls durch den Staat (bail out)
  • Modell “Konkurs”: Die Bank wird liquidiert.

Der Bundesrat behauptete, das Modell Resolution – verbunden mit einer allfälligen (Teil-)Verstaatlichung sei nicht in Frage gekommen. Warum nicht? 

Die zuständige Finanzministerin (frisch im Amt) liess am Wochenende der Notlösung über ihren gemäss NZZ gut informierten Parteipräsidenten im Tages-Anzeiger verlauten, der Grund sei Druck aus dem Ausland gewesen. Später argumentierte der Bund:

  1. Das Vertrauen in die CS sei unwiederbringlich zerstört gewesen. 
  2. “dass eine Sanierung einer global systemrelevanten Grossbank und ein Bail-In im aktuellen Marktumfeld zu massiven Verwerfungen geführt hätte”.
  3. “Der Konkurs der Finanzgruppe unter Aktivierung des Schweizer Notfallplanes zur Fort- führung insbesondere der systemrelevanten Funktionen in der Schweiz hätte mit [an] Sicherheit grenzender Wahrsch[e]inlichkeit in der aktuellen Lage erst recht zu einer massiven Destabilisierung der Märkte geführt.”

Ziemlich vage verwirft das Eidg. Finanzdepartements EFD auf der FAQ-Seite zur Credit Suisse die Möglichkeit einer geordneten Resolution mit Hinweis auf internationale und nationale Risiken. Eine (Teil-)Verstaatlichung wurde offenbar nicht ernsthaft in Erwägung gezogen (und auch nicht den Kosten des TBTF-Status der Kombi-UBS gegenübergestellt), sobald am Horizont die Gotte UBS auftauchte.

Das Hauptargument des Bundesrates lautete zusammengefasst: Das vorhandene, in den vergangenen Jahren schrittweise ausgebaute, gesetzliche Instrumentarium des Modells „Resolution” war nicht anwendbar. 

Schon die FINMA teilte diese Auffassung in ihrem Recovery and Resolution Report per Ende 2022 (publiziert kurz nach der CS-“Rettung”) nicht: Beide Grossbanken erhielten in allen drei Kategorien (Recovery plan, Swiss emergency plan, Institution resolvability) die Note „grün“. Dennoch sah der Bundesrat rot.

Das Financial Stability Board verwirft nun die Argumentation des Bundesrates in ihrer Gänze. Eine Umsetzung der von der FINMA – in Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden bis hin zu asiatischen Aufsehern – vorbereiteten Resolutions-Pläne wäre möglich gewesen (S. 11). Die FINMA sei auch bereit gewesen, diese Pläne umzusetzen, sollte die Übernahme-Lösung scheitern. Im Wortlaut:

Some have suggested that … the resolution framework is not workable. However, the FSB’s review does not support that conclusion. As indicated above, a resolution was ready to be implemented that weekend. (S. 11)

Dass ein internationales Gremium dies in aller Deutlichkeit sagt, zeigt zweierlei: Erstens war der “internationale Druck” in Richtung der vom Bundesrat gewählten Lösung wohl eher eingebildet. Und zweitens sind die vom Bundesrat vorgebrachten Argumente zugunsten dieser Lösung, finanztechnisch gesprochen, Nonvaleurs. Langfristig, so sei angefügt, ziemlich teure.

Znacht mit Nobelpreisträger

Urs Birchler

Mit den heute gekrönten Wirtschaftsnobelisten habe ich je schon einmal ein Nachtessen bestritten und war nachher beide Mal nudelfertig. Mit Bengt Holmström (in grösserer Ökonomen-Tischrunde des Studienzentrims Gerzensee) bewegte sich das Gespräch auf einer Reiseflughöhe und in einer Geschwindigkeit, dass mir schwindlig wurde.
Noch schlimmer war es mit Oliver Hart (zu zweit ). Er ist ein derart interessierter Geist, dass er mich vom ersten Satz an ausfragte über die Schweiz, von Initiative und Referendum bis zur (Nicht-)Handelbarkeit von Milchkontingenten und Alprechten. Erst in diesem Gespräch wurde mir bewusst, wie oberflächlich ich mich in vielem auskannte und was intellektuelle Neugier bedeutet.

Oliver Hart hatte ich damals (1999) eingeladen als Referent in einem gemeinsamen Seminar von SNB und FINMA (damals EBK) zum Thema Bankenkonkursrecht. Hart hatte mit Lucien Bebchuk ein Konkursverfahren erfunden, welches den Wert der zu liquidierenden Unternehmung maximiert und die Anspruchsberechtigten fair behandelt. Wir waren damals überzeugt, dass die Schweiz mit ihren Grossbanken so etwas brauchte. Eine vereinfachte Version floss dann schrittweise tatsächlich ins Bankengesetz ein und wird heute als „bail-in“ (Gläubigerbeteiligung an den Verlusten) international hoch gehandelt.

Als ich Oliver Hart Jahre später wieder traf, berichtete ich ihm stolz, wir hätten seinen Vorschlag immerhin teilweise umgesetzt. Doch liess ihn dies völlig kalt; er hatte seine Neugier längst auf neue Fragen gerichtet.

Immerhin haben wir Oliver Hart in den Artikeln 31ff. des Bankengesetzes ein „lebendes“ Denkmal gesetzt. Lange vor dem Nobelpreiskomittee.

Ich bin auch eine Geldwäscherin

Monika Bütler

Als Vorbereitung für einen Forschungsaufenthalt im Ausland habe ich die Konti bei zwei Kreditkarten etwas gefüllt. Heute erhalte ich folgende Meldung:

Sehr geehrte Frau Bütler

Vielen Dank für Ihre Einkäufe mit der XYZ Card.

Bei einer internen Prüfung haben wir festgestellt, dass Sie ein Guthaben von CHF 3400.35 auf Ihrem Konto haben. Gemäss Vorgaben des Bundesgesetzes über Banken und Sparkassen sowie der Finanzmarktaufsicht (FINMA) dürfen keine Kundenguthaben > CHF 3000 verwaltet werden.

usw. Der nette Herr bei der XYZ Card hat mir dann am Telefon bestätigt, dass es sich um eine Massnahme zur Vermeidung von Geldwäscherei handelt. Und dass es für mich ja vorteilhalt sei, die Gelder zurückzuerhalten. Schliesslich würde XYZ Card keinen Zins bezahlen. Schon wieder etwas gelernt. Schön, dass sich die FINMA auch um die Kleinen kümmert. Mit den Zinserträgen der zurückbezahlten CHF 400.35 kann ich allerdings selbst im billigsten Land der Erde nichts kaufen.

Bankensanierung: EU übernimmt Schweizer Recht

Urs Birchler

Wie die Presse berichtet, haben sich die EU-Finanzminister auf ein „bail-in“-System der Bankenabwicklung geeinigt: Bei der Sanierung einer maroden Bank sollen zuerst die Aktionäre, dann die unversicherten Gläubiger (und erst zuallerletzt die Steuerzahler) die Verluste tragen. Die versicherten Einlagen hingegen sind garantiert.

Damit übernimmt die EU eine Systemarchitektur, die in der Schweiz im Kern seit 2003 in Kraft ist und im Zuge der Finanzkrise noch präzisiert wurde. Wer weiss, wird die EU früher oder später auch das schweizerische Konkursprivileg für versicherte Bankeinlagen übernehmen, da ohne dieses die Versicherung viel zu riskant ist.

Gute Nachricht also für Europa (und schlechte Nachricht für Bankaktionäre und -Gläubiger in einigen Ländern). Allerdings: Die Blaupause muss erst noch in Kraft treten und national umgesetzt werden. Und bei der Umsetzung muss die Architektur nicht nur im Grossen stimmen, sondern auch in den Details. Beispielsweise muss verhindert werden, dass Banken die Schulden, die für den Bail-in vorgesehen sind, nicht einfach durch Pfand sicheren, wodurch das Konzept unterlaufen würde.

Gute Nachricht auch für jene Kritiker, die meinen, die Ökonomen seien bestenfalls unnütz: Das Konzept des Bail-in wurde entwickelt von Ökonomen wie Oliver Hart oder Lucian Bebchuck und später unterstützt von den Mitgliedern der Squam Lake Group.

Dazu noch eine Reminiszenz: In den späten 1990er Jahren organisierte ich ein gemeinsames SNB/EBK(FINMA)-Seminar zur Insolvenzbehebung mit Oliver Hart. Seine Vorschläge stiessen (ausser bei militanten Ökonomen) auf solide Skepsis: „Man kann doch eine insolvente Bank gar nicht sanieren!“ Man kann, und im Bankengesetz Version 2003 war das Konzept schüchtern umgesetzt. Stolz schrieb ich an Oliver Hart: „We did it!“ Doch liess ihn dies völlig kalt; er war längst zu neuen intellektuellen Ufern aufgebrochen.

So ist es mit dem Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis: Die Praxis-Nachhut hinkt irgendwo hinterher, die Theorie-Vorhut ist bereits fast ausser Hörweite voraus, und der weltverbessernde Brückenbauer steht dumm dazwischen. Bis dann Jahre und Jahrzehnt später plötzlich alles aussieht, als wär’s schon immer klar gewesen.

Kassandra Helvetica

Urs Birchler

Kassandra erhielt von Apollo die Gabe der Weissagung, aber (weil sie sich von ihm nicht verführen liess) auch den Fluch, dass sie nie Gehör finden sollte. An sie habe ich bei der Lektüre der Meldungen von diesem Wochenende dreimal gedacht:

  • Bundesanwalt Lauber fordert laut Presse eine „Superbehörde“, die früh vor Gefahren für den Finanzplatz warnen soll.
  • Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt vor der Gefahr steigender Zinssätze, vor der miserablem Finanzlage der Staaten und vor den nach wie vor knappen Eigenmittelpolstern der Banken
  • Schweizer Grossbanken haben gemäss Stabilitätsbericht der SNB Kapitalpolster gemessen an der Bilanz von 2,3 Prozent.

Wie hängen die drei Meldungen zusammen? Bundesanwalt Lauber möchte eine Warnerin, die endlich einmal Klartext spricht. Nur: Wenn jemand Klartext spricht (wie seinerzeit Hans Bär), hört niemand zu (ehrlich gesagt: bei Jean Ziegler hatte auch ich stets Ohropax griffbereit). Jene Instanz, denen die Banken von Gesetzes wegen zuhören müssen, die FINMA, darf keinen Klartext sprechen, sonst endet sie in Teufels Küche. Und dann gibt es die Halb-Kassandras wie die BIZ und die SNB, deren hervorragende und diplomatische Berichte man mit viel Respekt liest, dann aber beiseite legt in der Hoffnung, es komme schon nicht alles so schlimm. Schliesslich die Anti-Kassandras (sie gibt es auch unter den Ökonomen), die lieber im Glanze Apollos stehen, statt den Menschen erfolglos auf die Nerven zu gehen.

Eine Instanz, die gleichzeitig so eingebettet ist, dass sie Vertrauen geniesst, und so unabhängig (auch mental), dass sie drohendes Unheil kompromisslos benennt — die müssten wir uns erst verdienen.

KapitAlchemie

Urs Birchler

Die Grossbanken und jetzt auch die ZKB verkaufen ihre Bankliegenschaften, gemäss Pressekommentaren mindestens zum Teil in der Absicht, ihre Eigenmittelquote aufzubessern. Falls dem so sein sollte: Der Umtausch von Liegenschaften in Geld macht die Banken nicht reicher. Echtes Kapital entsteht dabei nicht. Sicherer werden die Banken auch nicht: Mit Bargeld kann man eher Fehler machen als mit einer Liegenschaft an der Bahnhofstrasse.

Wenn verkaufte Liegenschaften in der Bilanz unter ihrem Wert standen, verbessert sich allenfalls die regulatorisch gemessene Eigenmittelquote. Die Vorschrift, bzw. deren Absicht, wird dabei umgangen — in braver Kollusion der Banken und der FINMA.

Ist die Finma zuständig für die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes?

Urs Birchler

Die Frage im Titel sorgt immer wieder für rote Köpfe zwischen FINMA (nein) und Bankenvertretern (ja). Die Weltwoche behauptet in der neuesten Ausgabe, die restriktive Auffassung der FINMA sei „nachweislich falsch“; im Gesetz stehe nämlich, die FINMA habe „zur Stärkung des Ansehens und der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz“ beizutragen.

Wir haben im Gesetz nachgeschlagen, konkret im Finanzmarktaufsichtsgesetz (FINMAG). Dort heisst der zitierte Artikel 5 im vollen Wortlaut: „Die Finanzmarktaufsicht bezweckt … den Schutz der Gläubigerinnen und Gläubiger, der Anlegerinnen und Anleger, der Versicherten sowie den Schutz der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte. Sie trägt damit zur Stärkung des Ansehens und der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz bei.“ Entscheidend ist das von der Weltwoche verschwiegene Wörtchen „damit“.

Kaum „nachweislich falsch“ scheint daher die Auffassung der FINMA): „Der Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes ist nicht Ziel, sondern erhoffte und erwünschte Wirkung der Aufsichtstätigkeit.“ Soweit Konflikte zwischen Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit entstehen, greift übrigens FINMAG Art. 7 Platz („Sie reguliert nur, soweit dies mit Blick auf die Aufsichtsziele nötig ist. Dabei berücksichtigt sie insbesondere … wie sich die Regulierung auf den Wettbewerb, die Innovationsfähigkeit und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz auswirkt).

Ironischerweise sagt allerdings die Botschaft des Bundesrates zum FINMAG im Kommentar zu Artikel 5: „Der Schutz von Gläubigerinnen und Gläubigern, Anlegerinnen und Anlegern sowie der Versicherten vor Insolvenzrisiken wird am wirksamsten gewährleistet, wenn die Finanzintermediärinnen und -intermediäre wettbewerbsfähig sind.“ Stabilität ist damit nicht Ursache, sondern Folge der Wettbewerbsfähigkeit.

Kein Wunder erhielt die Schweiz vom Financial Stability Board (gestützt auf die Überprüfung der Schweiz im Rahmen des das Financial Assessment Programm des IWF) hier eine Hausaufgabe: Peer Review of Switzerland vom 25 Januar 2012, S. 34: „Review the provisions of the draft FINMA Act to avoid provisions that might limit FINMA’s operational independence and prudential powers.“ Konkret (S. 20; ähnlich S. 6): „the concerns expressed in the FSAP surrounding FINMA’s operational independence, particularly with respect to the competitiveness clause, remain unresolved since the relevant provisions in the FINMA Act have not been revised.“

Kurz und gut: Die internationalen Gremien stützen die Haltung der FINMA, möchten die gesetzliche Grundlage aber gefestigt sehen. Ebenfalls auf eine Gesetzesänderung, wenngleich in umgekehrter Richtung, zielt die Interpellation Lüscher. Einstweilen hilft uns nur der gegenseitige Respekt zwischen Banken und Behörden für ihre jeweiligen Aufgaben und Zielsetzungen. Artikel, welche die Sachlage verdrehen, helfen eher nicht.

Too late to fail?

Urs Birchler

Der 1. März, ist immer ein besonderer Tag. An Chalanda Marz zieht nämlich mein Vornamensvetter, der Schellenursli, mit der grossen Kuhglocke durchs Dorf. Dieses Jahr ist der 1. März aber ganz besonders: Heute tritt nämlich die Änderung des Bankengesetzes „Stärkung der Stabilität im Finanzsektor; too big to fail“ in Kraft (
von der Presse vor zwei Wochen kurz angekündigt, sieh z.B. NZZ). Damit findet man die neuen Bestimmungen endlich auch in der Systematischen Sammlung des Bundesrechts [am 1.3.2012, 06:00, allerdings noch nicht aufgeschaltet].

Wird jetzt nie mehr eine Schweizer Bank mit Staatshilfe gerettet? Müssen jetzt immer die Aktionäre bluten? Einiges ist tatsächlich besser geworden, doch so klar ist es leider nicht, wie ich in einem NZZ-Artikel und im Gutachten für das Liberale Institut argumentiert habe. Und leider sind die Verordnungen zum Gesetz noch nicht unter Dach, sondern erst im Entwurf zur Vernehmlassung. Also zu früh, um mit der grossen Glocke durchs Dorf zu marschieren.

Staatsgarantie der ZKB

Urs Birchler

Jetzt bekomme ich Anfragen: Was bedeutet die Staatsgarantie der ZKB eigentlich?

Die Antwort hat zwei Teile. Erstens gibt es die im Kantonalbankgesetz festgelegte Staatsgarantie. Konkret:

§ 6.
1 Der Staat haftet für alle Verbindlichkeiten der Bank, soweit ihre eigenen Mittel nicht ausreichen.
2 Die Haftung erfasst nachrangige Verbindlichkeiten und das Partizipationskapital nicht.

Zweitens: Die ZKB geniesst eine faktische Staatsgarantie, die über die gesetzliche hinausgeht. Die gesetzliche Staatsgarantie kommt erst zum Tragen im Rahmen eines Konkursverfahrens. Ein solches vernichtet jedoch einen grossen Teil der Substanz einer Bank. Der Kanton Zürich würde also sehr wohl überlegen, ob er nicht lieber die Bank als Ganze retten würde, wie die Zürcher Finanzdirektorin, Frau Regierungsrätin Ursula Gut, in einem sehr lesenswerten Referat glasklar dargelegt hat.

Auch für nachrangige Forderungen haftet also faktisch der Kanton. Als einzige Verbindlichkeit nicht von der faktischen Staatsgarantie gedeckt ist die eben erst begebene nachrangige Tier-1 Anleihe. („Tier-1“ bezeichnet sogenanntes Kernkapital, hat als nichts mit dem Zoo-Sponsoring der ZKB zu tun.) Die Anleihe verfällt, wenn die Kernkapitalquote der ZKB unter 7% fällt oder wenn die FINMA eine drohende Insolvenz feststellt.

Bailout für Banken: nie mehr?

Urs Birchler

Heute hat das Liberale Institut eine Studie von mir zum Thema Besseres Konkursrecht statt Bailouts? veröffentlicht. Fazit: Das revidierte Bankinsolvenzrecht hat noch ernste Mängel; diese bergen die Gefahr, dass der Staat bei einem Bankenproblem wiederum als Retter einspringen muss (siehe auch die Medienmitteilung).

Gleichzeitig publizierte die FINMA heute ihren Vernehmlassungsentwurf zu einer Bankinsolvenzverordnung.

Fazit: Die FINMA muss am Detail arbeiten, obwohl der Gesetzgeber die Architektur noch nicht ganz im Griff hat.